Von Diagnoseirrtümern ist auszugehen, wenn dem Arzt im Rahmen der Diagnosestellung, also bei der bewertenden Zusammenfassung der Symptome und Befunde eines Patienten und der Zuordnung zu dem hierzu passenden Krankheitsbild, Fehler unterlaufen.
Ein Diagnoseirrtum kann vorliegen, wenn der Arzt zu der Erkenntnis gelangt, dass ein Patient gesund sei, obwohl er in Wirklichkeit krank ist oder er eine Krankheit diagnostiziert, die objektiv gar nicht vorliegt.
Solche Fehler kommen im medizinischen Alltag nicht selten vor. Eine regelmäßige Vorwerfbarkeit wäre jedoch unbillig, also nicht gerecht und nicht im Sinne des Rechtsstaates, da ein und dieselben Symptome oftmals auf unterschiedliche Krankheitsbilder hinweisen können. Darüber hinaus ist jeder menschliche Organismus sehr individuell, weshalb bestimmte Symptome bei jedem Patienten unterschiedlich stark ausgeprägt sein können, wodurch die korrekte Erstellung einer Diagnose im Einzelfall sich als kompliziert darstellen kann. Ein Diagnoseirrtum kann jedem Arzt unterlaufen, ohne dass es sich um einen Verstoß gegen den Facharztstandard handelt.
Ist die Vorwerfbarkeit abzulehnen, wird eine Klage auf Schadensersatz oder Schmerzensgeld oft deshalb abgewiesen.
Ein Diagnoseirrtum kann dem behandelnden Arzt nur vorgeworfen werden, wenn er als Behandlungsfehler qualifiziert wird. Eine Fehlinterpretation des Befundes kann aber auch dadurch verursacht sein, dass der Arzt unzureichend, also nicht vollständig untersucht hat und er bei vollständiger Untersuchung zu einer richtigen Diagnose gelangt wäre. Liegt ein solcher Fall vor, sieht es wesentlich besser für den Patienten und dessen Beweislast bei Schadensersatz oder Schmerzensgeld aus.