Ein Diagnosefehler liegt vor, wenn die behandelnden Ärzte die vorliegenden Befunde fehlinterpretieren, die Behandelnden die Untersuchungsergebnisse also nicht richtig verwerten und deshalb nicht die fachlich notwendigen therapeutischen oder diagnostischen Maßnahmen ergreifen.
Erfolgt trotz einer Fehlinterpretation der Befunde eine fachmännische und unschädliche Behandlung des Patienten, ist der Fehler vertretbar. In einem solchen Fall ist eine Arzthaftung unbegründet.
Missachtet der behandelnde Arzt jedoch bei der Diagnoseerstellung medizinische Standards oder Sorgfaltspflichten und schadet dem Patienten hierdurch, besteht ein Anspruch auf Schmerzensgeld und unter Umständen zusätzlich Schadensersatz. Die Ansprüche werden damit begründet, dass in Folge eines Diagnosefehlers bei einer schweren Erkrankung die Therapie neu angesetzt und gestaltet werden muss. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, dass für den Patienten zusätzliche Kosten für einen erhöhten Pflegebedarf oder für Hilfsmittel und therapeutische Maßnahmen entstehen könnten. Diese müssen unter Umständen vom Patienten ausgelegt oder allein getragen werden. Das Tragen dieser finanziellen Last für den Patienten wäre unbillig. Zudem ist nicht sicher, ob die neuen Therapieformen auch anschlagen und die Medikamente entsprechend wirken werden, ohne erhebliche Nebenwirkungen für den Körper. Es drohen zudem finanzielle Einbußen durch Verdienstausfälle. Die finanziellen Belastungen und die Angst und Ungewissheit kosten den Patienten vor allem viel Kraft, Nerven und Zeit, wodurch auch ein Anspruch auf Schmerzensgeld bestehen kann.
Der Begriff des Diagnosefehlers wird von den deutschen Gerichten sehr eng ausgelegt, da es auch für Ärzte aufgrund der Komplexität und Individualität der menschlichen Organismen mitunter schwierig sein kann, anhand der Symptome, Befunde und Schilderungen des Patienten eine eindeutige Diagnose zu stellen. Werden Befunde wie beispielsweise Ultraschallbilder, Laborwerte, CT- und MRT-Daten oder Röntgenbilder von einem Arzt analysiert und interpretiert, sind die dort erkennbaren Symptome nicht immer einer Erkrankung eindeutig zuzuordnen. Diese können vielmehr auf verschiedene Ursachen hindeuten. Zudem ergibt sich das Problem, dass dieselben Krankheiten bei unterschiedlichen Patienten häufig verschiedene Symptome auslösen.